Im letzten Artikel ging es schlussendlich um eine einfache Definition von Führung und deren Abgrenzung zu Management. Das Ergebnis war die Aussage:
„Führung heißt, einen Mitarbeiter von A nach B zu begleiten.“
Das dabei „B“, also der Sollzustand oder das Ziel, höherwertiger sein sollte als A, liegt auf der Hand. Die Frage aller Fragen ist nun also, wie wir als Führungskräfte unsere Mitarbeiter auf diesem Weg begleiten können. Bevor wir uns aber auf diesen mitunter steinigen und mit Hindernissen versehenen Pfad begeben, müssen wir uns über mehrere Dinge im Klaren sein, die – Sie werden es gleich sehen – nicht so banal sind wie sie im ersten Gang scheinen.
Wir als Führungskraft müssen uns also klar sein über
a) den Ist – Zustand des Mitarbeiters
b) den Soll – Zustand, den es zu erreichen gilt.
Erst dann können wir uns Gedanken machen über
c) die passende Methodik der Begleitung und
d) was die Etappen sind, die uns unserem Ziel näher bringen.
Um es (mitlesende Universitätsprofessoren mögen es mir nachsehen) gänzlich unwissenschaftlich auszudrücken: Vergleichen Sie es mal mit einem Aktivurlaub in den Bergen. Legen wir nicht auch zuerst fest, welchen Berg wir erklimmen wollen und von welchem kleinen, verschlafenen Bergdorf wir starten möchten (Ist und Soll)? Erst danach macht es Sinn, sich Gedanken über Ausrüstung und Werkzeuge zu machen (die Methodik) und die Etappen festzulegen.
Ein erster Haken an der Sache begegnet uns häufig relativ früh, denn nicht alle unsere Mitarbeiter sind so reflektiert, wie wir es als Führungskraft in hohem Maße und pausenlos sind (…). Es ist durchaus eine gewisse Kunst, einem Mitarbeiter begreiflich zu machen, dass er noch nicht bei 100% steht. Vielfach werden Sie an dieser Stelle Sätze hören wie „Na, sicher geht es immer noch irgendwie besser oder anders. Aber eigentlich mache ich das meistens ja schon so!“.
Anders gesagt: Auf der Ebene des Mitarbeiters brauchen wir erstmal das Bewusstsein über das Defizit und zudem den Willen zur Veränderung. Bis zu diesem Punkt nimmt dieser nämlich nicht an einer Bergtour teil, sondern an einer Schatzsuche der besonderen Art, bei der auf der Schatzkarte weder das berühmte „X“ eingezeichnet ist noch klar ist, auf welcher Insel man sich überhaupt befindet. Und das könnte relativ schnell zu ernüchternden Ergebnissen führen.
Wenn wir uns also einem Mitarbeiter gegenübersehen, der über die Phase des Ein- oder Abarbeitens hinaus ist („telling“, vgl. hierzu die Theorie des „Situativen Führens“ nach Hersey und Blanchard), sollten wir mit Hilfe der jeweils passenden Gesprächstechnik. Ganz grundsätzlich kann hier im Wesentlichen unterschieden werden zwischen folgenden Arten der Gesprächsführung:
I) Klärung der Regeln die im Unternehmen bestehen („das Spielfeld abstecken“)
II) Coaching
III) Feedback
IV) Lob
V) Kritik
VI) Persönliches Gespräch, Vertrauen aufbauen und erhalten
Zu welchem Anlass die einzelnen Gesprächstypen verwendet werden und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen, erfahren Sie im nächsten Teil.
Im nächsten Teil: „Die Führungskraft als Mundwerker“ – Das Gespräch als einziges Werkzeug.
Autor: Sven Nickel